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Die Meta-
Perspektive
Kolumne von Dr. Chris Brehmer
Evolution statt Revolution
Die stille Kraft der Evolution hat in einem unglaublichen, über Jahrmilliarden währendem Prozess den Menschen hervorgebracht; sie will in ihm sich ihrer selbst bewusst werden und mit ihm als Mitarbeiter die Zukunft gestalten. Strukturen, die gestern noch angemessen waren, sind heute überholt und müssen dem Neuen Platz machen. Das gilt in der Natur – denken wir an den Neandertaler, der von dem modernen Menschen abgelöst wurde. Das gilt auch in der Politik, wo autokratische Regierungen von demokratischen Strukturen abgelöst werden.
Was wir in den letzten Monaten an Veränderungen in der Gesellschaft beobachteten, hat früher Jahre, wenn nicht Jahrzehnte gebraucht. Denken wir an den „Arabischen Frühling“. Im April 2011 jagten die Bürger Tunesiens ihren Präsidenten aus dem Land. Ben Ali hatte sein Volk mit eiserner Hand regiert. Bevormundung aber hemmt die Kraft der Evolution, eine Kraft, die nach Entfaltung des Bewusstseins strebt und die nicht über längere Zeit unterdrückt werden kann. Die Bevölkerung Tunesiens wurde sich ihrer Entmündigung zunehmend bewusst. Jetzt war die kritische Masse erreicht und es kam zur Revolte. Die Tunesier trieben nicht nur ihren Präsidenten aus dem Land, sondern sie wurden gleichzeitig zum Katalysator schwelender Demokratiebewegungen in anderen autokratisch regierten Ländern der arabischen Welt. Es folgten Ägypten, Marokko, Libyen, Jemen, Bahrain und Syrien. Andere werden folgen: neuer Wein braucht neue Schläuche.
Bedauerlich, dass die autoritären Regierungen verblendet sind und sich der evolutionären Veränderung verschließen. Sie klammern sich an ihre Macht und an ihre Pfründe und sehen nicht, dass Freiheit und Gerechtigkeit Grundrechte eines jeden Menschen sind. Ein Volk will sich selbst organisieren und sich in einer demokratisch gewählten Regierung repräsentieren. Im Mai 2011 auf den Massendemonstrationen in mehr als 55 Städten Spaniens lautete das durchgängige Motto:
„Das gegenwärtige System repräsentiert uns nicht mehr“. Reformiert oder geht.
Der philippinische Soziologe und Umweltaktivist Nicanor Perlas, Träger des Alternativen Nobelpreises, sieht in Revolutionen ein Naturgeschehen und vergleicht es mit dem Wandel einer Raupe zum Schmetterling. Beides sind höchst dramatische und zugleich kreative Prozesse. Wenn eine Raupe sich in ihrem Kokon einspinnt, beginnen Enzyme die alte Zellstruktur aufzulösen und es entstehen neue Zellen. Man nennt sie „Imago-Zellen“, denn sie tragen bereits das Bild, die Information des Schmetterlings in sich. Und nun – und das ist spannend – kommt es zunächst zur Immunabwehr der alten Zellen; sie versuchen die neuen zu unterdrücken und zu eliminieren. Sie „wissen“ nicht, dass etwas Neues, etwa Kreatives auf sie zukommt. Schließlich gelingt es den Imago-Zellen – und das ist noch spannender – die Immunzellen zu infizieren, sodass sie selber Imago-Zellen hervorbringen!!
Die Parallele zu den gesellschaftlichen Umbrüchen liegt auf der Hand. Die anfängliche Abwehr des zellulären Establishments ist verständlich, aber – und hier können wir von der Natur lernen – die intelligenten Imagozellen verstehen es, die alte Garde so zu infizieren, dass sie mitziehen und das gleiche Ziel anstreben, nämlich den Schmetterling, die neue Gesellschaftsform. Nicht das Alte vertreiben, sondern nach Möglichkeit überzeugen oder gemeinsam reformieren gehört zur Strategie einer intelligenten gesellschaftlichen Transformation.
Das hatte z.B. Mahatma Gandhi in jungen Jahren während seines Aufenthaltes in Südafrika erkannt. Die Regierung unter General Smuts hatte entwürdigende Gesetze gegenüber den Indern erlassen. Gandhi wurde vorstellig bei dem mächtigen General: „Ich bin gekommen, um Ihnen mitzuteilen, das ich gegen Ihre Regierung kämpfen werde.“ Smuts glaubte seinen Ohren nicht: „Sie sind gekommen, um mir das mitzuteilen,“ lachte er. „Wollen Sie mir sonst noch etwas sagen?“ „Ja,“ antwortete Gandhi, „dass ich gewinnen werde, und zwar mit Ihrer Hilfe!“.
Jahre später musste Smuts – nicht ohne Humor – zugeben, dass es genau das war, was eingetreten war. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit, durch die gewaltlose Strategie des passiven Widerstandes und vor allem durch sein Durchhaltevermögen gewann Gandhi den Respekt und die Freundschaft des Generals. Eines nach dem anderen wurden die diskriminierenden Gesetze zurückgenommen.
Den Gegner für sich gewinnen – Evolution statt Revolution!
„In einer Welt, die durch Gewalttätigkeit und Streit geprägt ist, enthält Gandhis Botschaft des Friedens und der Gewaltlosigkeit den Schlüssel zum Überleben der Menschheit im 21. Jahrhundert.“
Nelson Mandela
Gandhi hatte jahrelang an sich gearbeitet, bevor er seine gewaltlose Strategie im Alltag leben konnte und bevor es ihm unmöglich war jemanden zu hassen.
Will ich die Welt verändern, muss ich zunächst mich selbst verändern. Das ist unbequem, aber ich bemühe mich, auf meine Art. Yogamatte und Meditationskissen sind meine Verbündeten. Sie sind mir treu. Ich versuche ihnen auch treu zu bleiben. Jeden Tag.
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Dr. Chris Brehmer
Dr. Christian Brehmer ist Zukunftsforscher. Er studierte Psychologie in Sydney/Australien und widmete sich vornehmlich der Bewusstseinsforschung. In Nordaustralien lebte er unter den Ureinwohnern, den Aborigines, und setzte sich mit der Evolution des Bewusstseins auseinander. Während eines darauf folgenden Indienaufenthaltes sah Brehmer in der Begegnung mit Yogis Hinweise für die zukünftige Evolution des Bewusstseins. Seine Forschungsergebnisse legte er in einem Promotionsprojekt an der GHS/Gesamthochschule Kassel nieder. Die Dissertation bekam im vergangenen Jahr eine populärwissenschaftliche, leicht verständliche und illustrierte Fassung: „ Vom Urknall zur Erleuchtung. Die Evolution des Bewusstseins als Ausweg aus der Krise“ (Verlag Via Nova, 2008). Dazu bietet der Autor einen Workshop mit Diavortrag und SELBSTerfahrung an.
Christian Brehmer
»Info-Seite im Portal
www.bewusstseins-evolution.de
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